Alte_Molkerei.jpg

05. April 2008 - Dokumentarfilm "Konspirantinnen" 17 Uhr

Am Samstag, 05. April 2008, 17 Uhr präsentiert der Kulturkreis impulse e. V. in der Alten Molkerei in Freren den Dokumentarfilm von Meyer, Paul

"Konspirantinnen"
POLNISCHE FRAUEN IM WIDERSTAND 1939-1945


Die polnische Widerstandsbewegung hatte nach dem Überfall der deutschen Truppen und dem späteren Einfall der sowjetischen Armee den weltgeschichtlich größten Untergrundstaat gebildet. Frauen hatten daran einen wesentlichen Anteil: Sie arbeiteten konspirativ als Lehrerinnen und Schülerinnen im höheren Bildungswesen, das von den Deutschen schon 1939 verboten wurde. Sie legten sich Decknamen zu und sicherten als Kuriere die Kommunikation zwischen den geheimenDokumentarfilm Widerstandszellen im In- und Ausland. Sie wurden als Sanitäterinnen, Attentäterinnen und Partisaninnen eingesetzt. Sie schmuggelten Waffen und kämpften selbst mit der Waffe. Nach der Niederschlagung des Warschauer Aufstands vom Spätsommer 1944 hatte die Wehrmacht 1726 Frauen aus dem polnischen Widerstand in einem emsländischen Lager interniert, das im April 1945 befreit wurde. Viele der Frauen fühlten sich verraten und heimatlos. Sie wollten nicht zurückDokumentarfilm nach Polen, wo ein sowjetrussisches Marionettenregime herrschte. An Drehorten in Warschau, London und dem Emsland hat der Regisseur zahlreiche ehemalige Lagerinsassinnen und Zeitzeugen getroffen. Konzentrierte Interviewmontagen im Wechsel mit sorgfältig recherchierten, z. T. unveröffentlichten Archivmaterialien liefern ein beeindruckendes Bild der damaligen Ereignisse und reflektieren die Jahre des Widerstands, die Erlebnisse des Warschauer Aufstands und das Lagerleben.

Anmerkungen von Paul Meyer:
Die erste Polin, die mir nach dem Krieg über den Weg lief, arbeitete im Textilgeschäft meiner Tante. Es war 1952, ich war 7 Jahre alt. Ich fand sie sehr warmherzig und anders als die Frauen im Emsland: sehr attraktiv. Wie viele ihrer Landsleute war sie nicht nach Polen zurückgekehrt, weil sie nicht unter einer sowjetischen Marionetten-Regierung leben wollte. Dafür hatte sie nicht gekämpft! Später zog sie nach England.

Meyer, Paul
Meyer, Paul


Das Lager, aus dem sie befreit wurde, lag etwa 18 km von meinem Elternhaus entfernt. Es war eines von 15 Emslandlagern. In meiner Jugend war die Lagerwelt "lebendige Vergangenheit". Viele ehemaliger Mitglieder der Lagerstäbe waren im Emsland geblieben. Über "diese Sachen" sprach man nur unter Komplizen. Man tat gerne so, als hätte es die Lager in ihren ehemaligen Funktionen nie gegeben, obwohl man überall auf Requisiten aus der NS-Zeit stieß. Besonders eklatant waren Busstationen, die noch die alten Lagernamen trugen.
Dieses widersprüchliche Beschweigen von Ereignissen, die unmittelbar vor meiner Geburt stattgefunden hatten, weckte mein Misstrauen, aber auch meine Neugier auf Geheimnisvolles. Und wenn es mir schließlich gelang, die Wand des Schweigens aufzubrechen, stieß ich auf Selbstrechtfertigungen, bald auch auf Betroffenheitslyrik. Die Wachleute, wie Viele aus meiner Elterngeneration hatten auf der moralisch verwerflichen Seite gestanden. Jetzt ungebrochen über die Dinge zu reden, so "wie sie waren" -- das ging nicht.
Dagegen kam es mir wie eine Befreiung vor, als ich begann, mit den polnischen Zeuginnen Kontakt aufzunehmen -- ihre Offenheit, ihre Klarheit, ihre Tabulosigkeit. Sie hatten wenig Grund, etwas zu verschweigen oder zu verleugnen. Es waren gradlinige Gespräche, die wir miteinander führten -- die meisten ohne heroische Selbstverklärungen. Schließlich waren die Polen keine Sieger gewesen, wie die Alliierten. Sie hatten in den Nachkriegsregelungen sogar die schlechtesten Karten gezogen.
Die meisten Filme über deutsche Themen aus dem zweiten Weltkrieg erzählen aus der Täter/Opferperspektive. selten ohne einen moralisch geschlossenen Ausgang. Für mich als Deutscher war es eine einzigartige Abwechslung, einen Film aus der offenen Perspektive jener Frauen zu erzählen, die sich nicht den Besatzungsterror gefallen ließen, für die Widerstand eine Selbstverständlichkeit war.

 

Info Paul Meyer *1945, aufgewachsen im Emsland; Studium der Wirtschafts-wissenschaften, Soziologie, Philosophie und Geschichte; 1974-1982 Dozent am Soziologischen Institut der Universität Freiburg; seit 1983 Verlagstätigkeit und freier Autor; Adolf-Grimme-Preis

 

Eintritt: 3,- €

  {akreserv,doku}

Tickets zu unseren Veranstaltungen

Tickets zu unseren Veranstaltungen sind ab sofort im Onlineshop erhältlich oder können im Büro während der Öffnungszeiten erworben werden. Die Anzahl der Sitzplätze ist begrenzt.

Karten Online bestellen